London schlägt bedeutende einseitige Änderungen am Nordirlandprotokoll vor
Die britische Regierung hat offiziell vorgeschlagen, einseitig bedeutende Änderungen an den Zollvereinbarungen mit der EU für die britische Provinz Nordirland vorzunehmen. Außenministerin Liz Truss stellte am Montag in London einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor. Dieser liefere eine "vernünftige, praktische Lösung für die Probleme in Nordirland" und verstoße nicht gegen internationales Recht, versicherte sie.
Die EU-Kommission reagierte umgehend mit scharfer Kritik. Brüssel nehme die die Entscheidung der britischen Regierung "mit großer Sorge" zur Kenntnis, erklärte Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic. "Einseitige Maßnahmen sind dem gegenseitigen Vertrauen abträglich."
Das sogenannte Nordirland-Protokoll ist Teil des Brexit-Abkommens zwischen Brüssel und London. Es regelt seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU vor fast anderthalb Jahren den Status der britischen Provinz. Die britische Regierung wehrt sich nun gegen die in dem von ihr selbst ausgehandelten und unterzeichneten Abkommen vorgesehenen Zollkontrollen im Warenaustausch zwischen Nordirland und Großbritannien.
London hatte dieser Regelung zugestimmt, um Kontrollen an der inner-irischen Grenze zu verhindern, da dies den Friedensprozess in der ehemaligen Unruheregion gefährden könnte. Die EU hatte praktische Vereinfachungen bei den Kontrollen zugestanden, eine grundsätzliche Überarbeitung des Protokolls jedoch abgelehnt. Einseitige Änderungen des Texts sieht Brüssel als Verstoß gegen internationales Recht.
Die Kommission werde den Gesetzesentwurf nun prüfen, erklärte Sefcovic. "In einem ersten Schritt" werde die Fortsetzung eines im März 2021 gegen die britische Regierung eingeleiteten rechtlichen Verfahrens erwogen. "Wir hatten dieses Verfahren im September 2021 im Geiste der konstruktiven Zusammenarbeit ausgesetzt, um Raum für die Suche nach gemeinsamen Lösungen zu schaffen. Das einseitige Vorgehen des Vereinigten Königreichs verstößt direkt gegen diesen Geist", erklärte Kommissionsvizepräsident Sefcovic.
A.M.Owen--TNT