The National Times - Regierung schiebt erneut Straftäter nach Afghanistan ab - UNO verlangt Stopp

Regierung schiebt erneut Straftäter nach Afghanistan ab - UNO verlangt Stopp


Regierung schiebt erneut Straftäter nach Afghanistan ab - UNO verlangt Stopp
Regierung schiebt erneut Straftäter nach Afghanistan ab - UNO verlangt Stopp / Foto: © AFP/Archiv

Zum zweiten Mal seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban hat die Bundesregierung Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. An Bord der Maschine aus Katar, die am Freitag in Leipzig startete, seien "schwere und schwerste Straftäter, die abgeschoben werden", sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Insgesamt 81 Menschen sollten nach Afghanistan gebracht werden. Die UNO verlangte einen sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan.

Textgröße ändern:

Alle Menschen an Bord seien "vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Männer, die in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sind", sagte Dobrindt. Der Flug sei "unter Zuhilfenahme der strategischen Sicherheitspartnerschaft mit dem Emirat Katar" erfolgt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte in seiner Sommerpressekonferenz, niemand der Abgeschobenen habe mehr einen Aufenthaltsstatus gehabt, es seien "alle Asylanträge rechtskräftig abgewiesen worden ohne weitere Rechtsmittel". Daher sei der Flug möglich gewesen.

Die Verhandlungen darüber seien über viele Wochen geführt worden, sagte Merz, der dem Emirat Katar dankte und zudem von "technischen Kontakten" nach Afghanistan sprach. Dobrindt sagte im "Morgenmagazin" der ARD, die Abschiebung sei in "einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Außenministerium, dem Innenministerium, dem Kanzleramt" und unter Beteiligung von strategischen Partnern erfolgt.

Auch Dobrindt sprach von "technischen Kontakten" unterhalb von diplomatischen Beziehungen. Der Außenminister und er seien sich "vollkommen einig, wenn man Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen will, dann muss man auch Kontakte zu den Afghanen haben". In einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums erklärte er weiter, damit werde begonnen, "einen weiteren Teil des Politikwechsels aus dem Koalitionsvertrages umzusetzen". "Abschiebungen nach Afghanistan müssen auch zukünftig gesichert stattfinden können. Es gibt kein Aufenthaltsrecht für schwere Straftäter in unserem Land."

Bayern teilte mit, von den 81 ausgeflogenen Afghanen kämen 15 aus bayerischen Haftanstalten. Zu den von ihnen begangenen Straftaten zählten Sexualstraftaten, Mord und Totschlagsdelikte sowie schwerere Körperverletzungs- und Eigentumsdelikte. Aus Baden-Württemberg wurden 13 Afghanen abgeschoben, aus Hessen neun, aus Rheinland-Pfalz sechs und aus Thüringen vier.

Der zuvor letzte Abschiebeflug mit Straftätern nach Afghanistan hatte noch in der Zeit der Ampel-Bundesregierung im August 2024 stattgefunden. Die Bundesregierung hatte in den vergangenen Wochen immer wieder geäußert, dass es einen weiteren Abschiebeflug und auch künftig Abschiebungen nach Afghanistan geben werde.

Von der UNO kam Kritik: "Die Zeit ist reif für Solidarität mit dem afghanischen Volk", sagte eine Sprecherin von UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. Türk forderte demnach "einen sofortigen Stopp der Zwangsrückführung aller afghanischen Flüchtlinge und Asylsuchenden". Dies gelte insbesondere für diejenigen, denen bei Rückkehr "Verfolgung, eine willkürliche Festnahme oder Folter droht". Solche Abschiebungen verstießen gegen "den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung", der auch für Straftäter gelte.

Die UN-Sprecherin verwies außerdem auf die "katastrophale" humanitäre Lage in Afghanistan, wo 70 Prozent der Menschen in Armut lebten. Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt und von jahrzehntelangem Krieg gezeichnet. Im Sommer 2021 kehrten die Taliban inmitten des Abzugs westlicher Streitkräfte an die Macht zurück, viele Staaten und Organisationen fuhren ihre Hilfen für das Land zurück.

Kritik kam auch von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl. Niemand verdiene das, "auch nicht Straftäter", erklärte die Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland, Julia Duchrow. "Menschenrechte gelten entweder für alle Menschen, oder für niemanden." Pro Asyl sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". Die Europäische Menschenrechtskonvention verbiete Abschiebungen, wenn Folter oder unmenschliche Behandlung drohten.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter kritisierte die Kontakte zwischen der Bundesregierung und den Taliban. In Afghanistan regierten "islamistische Terroristen" und Gespräche mit ihnen bedeuteten eine "massive Aufwertung von islamistischem Terror".

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger nannte die Abschiebung im RND ein "verheerendes Signal". Deutschland arbeite offenbar mit den Taliban zusammen, "einem Regime, gegen dessen führende Köpfe der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle erlassen hat". Das sei keines Rechtsstaats würdig, "das ist Menschenverachtung mit Ansage".

B.Cooper--TNT

Empfohlen

Wadephul begrüßt Gespräche mit Iran und hält Sanktionsdrohung aufrecht

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat die geplante Fortsetzung der Atomgespräche mit dem Iran begrüßt und zugleich die Warnung vor einer Rückkehr zu Sanktionen aufrecht erhalten. Bei einem gemeinsamen Gespräch mit den Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und dem Iran am Vorabend habe Einigkeit über eine Fortsetzung der Gespräche bestanden. Die Europäer seien fest entschlossen, "alles zu tun, um eine diplomatische Verhandlungslösung zu erreichen", sagte Wadephul am Freitag in Paris.

Wadephul fordert syrische Übergangsregierung zum Schutz der Minderheiten auf

Angesichts der jüngsten Gefechte in Südsyrien hat Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) die syrische Übergangsregierung zum Schutz der Minderheiten in dem Land aufgerufen. "Die Situation dort ist hoch Besorgnis erregend", sagte Wadephul nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot am Freitag in Paris. Beide Minister hätten zuvor gemeinsam ihren syrischen Amtskollegen kontaktiert und einen besseren Schutz der Bevölkerung angemahnt, sagte Wadephul.

Merz: Vorgänge in Gaza "nicht mehr akzeptabel" - Kanzler telefoniert mit Netanjahu

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Vorgänge im Gazastreifen als "nicht mehr akzeptabel" kritisiert. Die Bundesregierung dringe darauf, "dass es dort erstens eine Feuerpause gibt und dass es zweitens dort eine umfassende humanitäre Hilfe für die Menschen in der Region gibt", sagte Merz am Freitag bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin. In einem Telefonat mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte Merz "Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand", wie Regierungssprecher Stefan Kornelius später erklärte.

Dobrindt kündigt nach Gipfel auf der Zugspitze schnellere Rückführungen an

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat nach der Konferenz mit einigen seiner europäischen Amtskollegen auf der Zugspitze schnellere Asylverfahren und Rückführungen von Geflüchteten angekündigt. Die zu der Konferenz eingeladenen Innenminister seien sich darin einig gewesen, für "mehr Tempo" zu sorgen und keine langwierigen Prüfverfahren mehr zuzulassen, sagte Dobrindt am Freitag nach der Besprechung auf der Zugspitze. Mit einem "Migrationssystem auf europäischer Ebene" sollen zudem Schleuser- und Schlepperbanden stärker bekämpft werden.

Textgröße ändern: