The National Times - Finanzlücke bei gesetzlicher Krankenversicherung offenbar größer als erwartet

Finanzlücke bei gesetzlicher Krankenversicherung offenbar größer als erwartet


Finanzlücke bei gesetzlicher Krankenversicherung offenbar größer als erwartet
Finanzlücke bei gesetzlicher Krankenversicherung offenbar größer als erwartet / Foto: © AFP/Archiv

Die Finanzlücke bei den gesetzlichen Krankenkassen ist offenbar noch größer als bisher angenommen. Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag unter Berufung auf Berechnungen des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG) berichtete, fehlen im kommenden Jahr bis zu 25 Milliarden Euro. Im bisher geschätzten Fehlbetrag von rund 17 Milliarden Euro waren demnach die Folgen des Ukraine-Kriegs noch nicht berücksichtigt. Ein Krankenkassenvertreter warnte vor einem "Beitragstsunami" für die Versicherten.

Textgröße ändern:

"Die Inflation lässt in Praxen und Kliniken die Ausgaben steigen, während die Aussichten für den Arbeitsmarkt im Herbst eher schlecht sind", sagte IfG-Chef Günther Neubauer "Bild". Würden die Finanzierungsdefizite allein durch steigende Beiträge ausgeglichen, resultierten daraus Beitragserhöhungen von bis zu 537,02 Euro für Spitzenverdiener und 455,16 Euro für Durchschnittsverdiener netto pro Jahr.

Der Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, warnte angesichts der Zahlen in der "Bild"-Zeitung vor einem "Beitragstsunami". Er forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, rasch ein Gesetz zur Stabilisierung der Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung vorzulegen. Wenn der Gesetzentwurf nicht vor der Sommerpause vorgelegt werde, reiche die Zeit nicht mehr aus bis zur Haushaltsaufstellung der Krankenkassen im Herbst.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Tino Sorge (CDU), sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Defizit der Kassen hätte schon bei den Haushaltsberatungen im Mai Thema sein müssen. "Stattdessen verschleppt die Ampel ein 17 Milliarden Euro schweres Problem", sagte er. "Auf ein Stabilisierungsgesetz warten wir seit Monaten."

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Lauterbach "belauern sich in dieser Frage seit Wochen", kritisierte Sorge. "Diese Blockade ist riskant. Krankenkassen und Versicherte fordern zurecht Planungssicherheit." Es werde Beitragserhöhungen und auch in kommenden Jahren einen Zuschuss aus Steuermitteln geben müssen. Dieser müsse zumindest in konjunkturschwachen Phasen deutlich erhöht werden

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rechnet bislang mit einer Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro. "In den letzten Jahren gab es eine Kombination von ausgabenintensiver Gesundheitspolitik und kurzatmiger Finanzierungspolitik", sagte Verbandssprecher Florian Lanz der AFP. "Bis zur endgültigen Bewertung durch den Schätzerkreis im Oktober liegen noch viele Unbekannte auf dem Weg."

Lanz verwies dabei auf mögliche Honorarforderungen, die Entwicklung des Arbeitsmarktes oder auch die rasant steigenden Ausgaben für Medikamente. "Diese Entwicklungen werden wir in den kommenden Monaten laufend auswerten und dann in die Beratungen des Schätzerkreises mit einbringen."

Der DGB rief den Bund dazu auf, sich stärker an der GKV-Finanzierung zu beteiligen. "Defizite gehören nicht auf den Rücken der Versicherten und Beitragszahler", erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel. "Krankenkassen müssen solide und krisenfest finanziert sein." Die gesetzliche Krankenversicherung müsse zu einem Solidarsystem ausgebaut werden, in das mehr Menschen einzahlen.

S.Mitchell--TNT

Empfohlen

Essstörungen: Starke Zunahme bei zwölf bis 17 Jahre alten Mädchen

Magersucht und andere Essstörungen haben nach Daten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) bei den Zwölf- bis 17-jährigen Mädchen besonders stark zugenommen. Zwischen dem Vor-Corona-Jahr 2019 und dem Jahr 2023 stieg die Zahl von 101 auf 150 Fälle pro 10.000 Versicherte, wie die Krankenkasse am Montag in Hannover berichtete. Das entspricht einem Plus von fast 50 Prozent.

Immer mehr Hochbetagte in Krankenhäusern: AOK fordert Strukturreformen

Immer mehr Hochbetagte werden einer Analyse zufolge im Krankenhaus behandelt. Binnen 20 Jahren stieg der Anteil der Menschen über 80 Jahren an allen Krankenhausfällen von 13 auf 22 Prozent, wie die Krankenkasse AOK am Mittwoch in ihrem sogenannten Krankenhausreport mitteilte. Angesichts einer steigenden Zahl von hochbetagten Patienten und einer sinkenden Zahl an Personal forderte die Krankenkasse Strukturreformen zur Entlastung von Kliniken.

Durch Zecken übertragene Krankheit FSME: Neun Tote in Deutschland im Jahr 2023

Neun Menschen sind im Jahr 2023 in Deutschland an der durch Zecken übertragene Krankheit FSME gestorben. Das berichtete das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden unter Verweis auf die jüngsten verfügbaren Zahlen. Im selben Jahr wurden bundesweit demnach gut 600 Menschen mit der Diagnose FSME in Krankenhäusern behandelt. Die Zahl stationärer Behandlungen stieg in den vergangenen 20 Jahren demnach tendenziell an, schwankt jedoch jährlich mitunter erheblich.

Elektronische Patientenakte geht bundesweit an den Start

Die elektronische Patientenakte (ePA) geht am Dienstag bundesweit an den Start. Sie war zuvor auf regionaler Ebene getestet worden - laut Bundesgesundheitsministerium mit Erfolg. Der noch amtierende Ressortchef Karl Lauterbach lobte das Projekt als "längst überfälligen Wendepunkt in der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung". Zuvor geäußerte Bedenken wegen der Datensicherheit sieht er als ausgeräumt.

Textgröße ändern: