The National Times - Verzweifelte Fluchtversuche aus umkämpften ukrainischen Städten

Verzweifelte Fluchtversuche aus umkämpften ukrainischen Städten


Verzweifelte Fluchtversuche aus umkämpften ukrainischen Städten
Verzweifelte Fluchtversuche aus umkämpften ukrainischen Städten

Nach mehreren gescheiterten Evakuierungen haben tausende Ukrainer am Dienstag erneut versucht, aus ihren von russischen Truppen belagerten Städten zu fliehen. Zahlreiche Busse mit Zivilisten an Bord verließen die Stadt Sumy im Nordosten des Landes. In der Hafenstadt Mariupol wurde die Evakuierung nach Angaben der ukrainischen Regierung durch russische Angriffe blockiert. Die Gesamtzahl der Flüchtlinge aus der Ukraine überschritt nach UN-Angaben inzwischen die Marke von zwei Millionen.

Textgröße ändern:

Am Dienstagmorgen verließen dutzende Busse mit Zivilisten die seit Tagen heftig umkämpfte Stadt Sumy. Am Montagabend waren in Sumy ukrainischen Angaben zufolge mindestens 21 Menschen bei einem russischen Luftangriff auf ein Wohngebiet getötet worden.

Hunderte Zivilisten versuchten derweil im Kiewer Vorort Irpin, sich über eine inoffizielle Route in Sicherheit zu bringen, wie AFP-Reporter berichteten. Russland hatte es nach ukrainischen Angaben abgelehnt, dort einen humanitären Korridor einzurichten.

Auch in Butscha vor den Toren Kiews versuchten die Menschen verzweifelt, die Stadt zu verlassen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Eine Einwohnerin namens Anna sagte, die Stadt stehe kurz vor einer "humanitären Katastrophe": "Es gibt kein Gas mehr, kein Wasser, keinen Strom und auch die Lebensmittel gehen aus."

Russland hatte am Montagabend örtliche Feuerpausen sowie die Einrichtung von humanitären Korridoren für Zivilisten aus mehreren umkämpften Städten in der Ukraine angekündigt.

Die Fluchtwege aus Kiew, Sumy, Charkiw, Mariupol und Tschernihiw sollten jedoch zumeist nach Russland oder Belarus führen, von wo aus die russische Armee am 24. Februar in der Ukraine einmarschiert war. Die Ukraine lehnte diese Fluchtkorridore ab, Verhandlungen beider Seiten führten zu keinem Durchbruch.

In Mariupol wurde die vereinbarte Fluchtroute nach ukrainischen Angaben von russischen Soldaten attackiert. "Der Feind hat einen Angriff genau in Richtung des humanitären Korridors gestartet", erklärte das Verteidigungsministerium in Kiew. "Solche Aktionen (...) sind nichts anderes als Völkermord." Das Außenministerium in Kiew warf Russland einen "Verstoß gegen die Waffenruhe" vor.

Die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol wird seit Tagen von russischen Truppen belagert. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erklärte, die Bewohner von Mariupol befänden sich in einer "grauenhaften" Lage. Es fehle an Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung, sagte IKRK-Medienchef Ewan Watson in Genf.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Dienstagmorgen erklärt, es habe "Garantien" für die Evakuierung der Bewohner von Mariupol gegeben, die aber "nicht funktioniert" hätten. Selenskyj hatte Russland bereits am Montagabend vorgeworfen, alle vorherigen Evakuierungsversuche verhindert zu haben. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte hingegen wiederholt "ukrainische Nationalisten" beschuldigt, die Evakuierungen umkämpfter Städte zu vereiteln.

Selenskyj beklagte sich auch bitter über die nach seinen Worten nicht eingehaltenen "Versprechen" der westlichen Staaten. Er forderte erneut die Einrichtung einer Flugverbotszone über seinem Land. Dies wird aber von Washington und der Nato bisher strikt abgelehnt, da sie in dem Fall eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs auf eine Konfrontation des Westens gegen Russland befürchten.

Die Kämpfe in der Ukraine dauerten unterdessen an. Der ukrainische Generalstab berichtete von heftigen Gefechten in der ostukranischen Stadt Isjum. Demnach gelang es der ukrainischen Armee, die russischen Einheiten zurückzudrängen. Das Verteidigungsministerium in Kiew meldete zudem den Tod des russischen Generals Witali Gerassimow in der Nähe von Charkiw. Moskau bestätigte dies zunächst nicht, von unabhängiger Seite lassen sich solche Berichte meist kaum überprüfen.

Dem ukrainischen Generalstab zufolge zieht Russland zudem weiterhin Soldaten und militärische Ausrüstung an den Fronten in Kiew, Mariupol und Charkiw im Nordosten zusammen. Die ukrainische Regierung rechnet mit einem baldigen russischen Großangriff auf die Hauptstadt.

Russland ist nach US-Angaben inzwischen mit nahezu allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt. Nach westlichen Angaben hatte Russland vor Beginn seines Angriffs auf die Ukraine mehr als 150.000 Soldaten an den Grenzen aufmarschieren lassen.

Nach UN-Angaben stieg die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine in die Nachbarländer inzwischen auf über zwei Millionen. Mindestens 406 Zivilisten seien seit Beginn des Kriegs getötet worden. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber "erheblich höher" liegen.

S.Clarke--TNT

Empfohlen

US-Außenminister: Plan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs ist keine Kreml-"Wunschliste"

US-Außenminister Marco Rubio hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass es sich bei dem US-Vorschlag zur Beendigung des Ukraine-Krieges um eine "Wunschliste" des Kremls handelt. Der Friedensvorschlag "wurde von den USA verfasst", erklärte Rubio in der Nacht zum Sonntag im Onlinedienst X. Der 28-Punkte-Plan werde "als starker Rahmen für die laufenden Verhandlungen angeboten" und basiere neben Beiträgen der russischen Seite "auch auf früheren und laufenden Beiträgen der Ukraine." Rubio reagierte damit auf Aussagen einer Gruppe von US-Senatoren.

Politologe Jun: Grünen fehlt emotionale Ansprache

Der Politologe Uwe Jun sieht die Grünen aktuell in einer schwierigen Phase. "Es fällt der Partei nach dreieinhalb Regierungsjahren nicht leicht, ihre Oppositionsrolle zu bestimmen", sagte Jun im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. "Was den Grünen im Moment vor allem fehlt, ist eine emotionale Ansprache. Der Partei fehlen Themen, bei denen sie mit einfachen Botschaften Emotionen wecken kann."

Vorgezogene Präsidentenwahl in der serbischen Teilrepublik in Bosnien

In der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina findet am Sonntag eine vorgezogene Präsidentenwahl statt. Für das Amt kandidiert unter anderem der Vertraute des abgesetzten bosnischen Serbenführers Milorad Dodik, Sinisa Karan. Auch der weitgehend unbekannte Oppositionspolitiker Branko Blanusa bewirbt sich. Dodik war Anfang August von der Zentralen Wahlkommission nach fast zwei Jahrzehnten an der Macht des Amtes als Präsident der Republika Srpska enthoben worden.

Ukraine und europäische Verbündete wollen mit den USA über Trump-Plan verhandeln

In die Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine kommt Bewegung: Eine Delegation der USA sowie Vertreter der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten wollen am Sonntag in der Schweiz über den US-Plan zur Beendigung des russischen Angriffskriegs beraten. Eine Einigung sei noch nicht in Sichtweite, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Samstag. US-Präsident Donald Trump betonte, der vorliegende 28-Punkte-Plan sei nicht sein letztes Angebot.

Textgröße ändern: